Gonzalo Jara
1. Bundesliga
Chance genutzt

Kristian Dordevic

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Völlig überraschend stand Gonzalo Jara im Derby gegen den SC Darmstadt 98 (3:2) in der Startelf und besetzte anstelle von Pierre Bengtsson den Posten des Linksverteidigers. Es war nicht nur sein erster Einsatz, sondern auch die erste Kaderberücksichtigung nach knapp einem halben Jahr (3:2 gegen Freiburg am 18. April). Der letzte Auftritt in der Mainzer Anfangsformation datiert sogar vom 20. Spieltag der Vorsaison. Allen Widrigkeiten der jüngeren Vergangenheit zum Trotz gelang es dem Chilenen, das in ihn gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen.


Licht und Schatten bei Jara

Jara hatte es in den vergangenen Monaten wahrlich nicht leicht, wozu er freilich seinen Teil beigetragen hatte. Zunächst fiel er nach dem Trainerwechsel am Bruchweg – Martin Schmidt löste Kasper Hjulmand vor dem 22. Spieltag 2014/15 ab – durch das Raster und stand in acht der restlichen dreizehn Partien unter dem neuen Coach nicht einmal im Kader.

Im Viertelfinale der Copa América im eigenen Land setzte der 30-Jährige dem Negativtrend die Krone auf und sorgte mit seinem unrühmlichen Verhalten gegenüber Edinson Cavani für globale Schlagzeilen. Letztendlich brachte er sich mit dieser Aktion zugleich um die Finalteilnahme.

Zurück in Deutschland wurde ihm von Vereinsseite mitgeteilt, dass er es bei den 05ern schwer haben würde, sich in den Kader zu spielen. Aufgrund der geringen sportlichen Perspektiven hätte Mainz ihn im Sommer grundsätzlich ziehen lassen – nach "kicker"-Informationen zeigten Celta Vigo, UD Las Palmas, Crystal Palace und englische Zweitligaklubs Interesse am bis 2016 gebundenen Defensivallrounder.

Jara bewies allerdings Mentalität. Er entschied sich für einen Verbleib und arbeitete im Training hart und akribisch mit – gleichwohl war ihm Woche für Woche kein Platz im Spieltagsaufgebot vergönnt. Bis zum Spiel gegen Darmstadt. Der Verteidiger war auf den Punkt da und erntete im Anschluss Lob von allen Seiten. Auch die Mitspieler zollten ihm gemäß "Allgemeine Zeitung" Respekt: "Gutes spielerisches Niveau", dazu "aggressiv im Zweikampf", so das Attest der Innenverteidiger Stefan Bell und Niko Bungert.

Auf der anderen Seite konnte man gegen die Lilien erneut Zeuge der zwei Gesichter des chilenischen Nationalspielers werden. Mit dem Messer zwischen den Zähnen verteidigte er nahezu einwandfrei erst gegen Turbo Marcel Heller sowie später gegen Konstantin Rausch und belebte mit sauberen Pässen das Aufbauspiel der Rheinhessen.

Neben einem haarsträubenden Fehlpass in der Anfangsphase war es dann aber vor allem der (Über-)Mut zur spielerischen Lösung, der in der Nachspielzeit zu einem (unberechtigten) Elfmeter führte. Glück für Jara und die Mainzer, dass der Schuss von Sandro Wagner in den Darmstädter Nachthimmel segelte. Schludrigkeiten dieser Art schleichen sich in aller Regelmäßigkeit in Jaras Spiel ein."Im ganzen Spiel stark und dann so ein Fehler", konstatierte Kollege Bungert anschließend, Bell pflichtete ihm bei: "Es war unglücklich, dass er noch mal nach innen aufzieht."

Dessen ungeachtet konnte Jara mit der Darbietung aber insgesamt Boden beim Trainer gutmachen. "Er hat seine Optionen mit dieser Leistung erheblich vergrößert", versicherte Schmidt nach dem Derby und hatte im Hinblick auf die mentale Stärke des Spielers noch einen verbalen Sonderapplaus parat: Jara könne man auch vor 80.000 Zuschauern ins Stadion stellen, "der ist nervenlos, das interessiert ihn überhaupt nicht."