Eintracht Frankfurt | 1. Bundesliga

Countdown: Eintracht Frankfurt

12.08.2015 - 08:48 Uhr Gemeldet von: Kristian Dordevic | Autor: Kristian Dordevic

Die von Eintracht Frankfurt auf einem ordentlichen neunten Tabellenplatz abgeschlossene Saison 2014/15 wurde letzten Endes von den hinter den Kulissen stattfindenden Querelen überschattet. Es folgte der Rückzug von Trainer Thomas Schaaf, der trotz guter Bilanz an einem überambitionierten Umfeld als auch einem offenbar nicht gänzlich mitziehenden Team scheiterte.


Auf den vormaligen Werder-Coach folgt Armin Veh, der vom Rückkehrer in Stuttgart nun zum Rückkehrer in der Mainmetropole avanciert. Mit seinem Comeback kehren anstelle der mutmaßlichen Zwietracht allmählich wieder Lust und Zuversicht, aber auch ein neuer Spielstil ein.

Der Kader: 28 Spieler – Durchschnittsalter 24,36 Jahre

0,00 Note
0,00 Note

Im Hinblick auf Transfers gibt es bei den Hessen bis hierhin kein Übermaß an Bewegung. Der Verein verzeichnet den Abgang von acht Spielern, die zum Teil auch letzte Saison schon verliehen waren. Besonders positiv ist dabei der Umstand, dass die Eintracht diesmal von den Auswirkungen etwaiger Ausstiegsklauseln verschont geblieben ist.

Spürbar war der minimale Personalschwund in erster Linie auf der Torhüterposition, wo es gleich ein Spielerduo zu ersetzen galt. Freilich zog der Weggang von Kevin Trapp – der seinen Vertrag erst im Februar infolge intensiver Bemühungen von Vereinsseite bis 2019 verlängert hatte – eine stolze monetäre Entschädigung durch Paris Saint-Germain nach sich (9 Millionen Euro). Der 25-jährige Keeper war der einzige Frankfurter Stammspieler, der den Klub in diesem Sommer verließ.

Trapps mehr als fähiger Vertreter, Felix Wiedwald, hatte sich schon seit Längerem auf die Rückkehr zu Werder Bremen festgelegt. Die frei gewordenen Plätze wurden mit den neu verpflichteten Heinz Lindner (Austria Wien) und Lukas Hradecky (Bröndby IF) besetzt. Beide kommen mit der Erfahrung von mehr als 100 Erstligapartien für ihre Klubs an den Riederwald.

Lindner hat in der ersten Runde des DFB-Pokals gegen den Bremer SV (3:0) zwar das Tor gehütet, aber der vor wenigen Tagen dazugestoßene Hradecky genießt aufgrund seiner spielerischen Qualitäten aktuell bei Coach Veh womöglich die höhere Wertschätzung.

Auch in den anderen Mannschaftsteilen wurde für Verstärkung gesorgt. Von Torjäger Luc Castaignos verspricht sich der Trainer anscheinend so einiges, wurde er im Juni doch vom "kicker" mit den Worten "Wenn wir den kriegen können, müssen wir ihn sofort holen!" zitiert. Obwohl Veh im letzten Jahr beim VfB Stuttgart (Spieltag 1 bis 12) nur ein einziges Mal mit zwei Stürmern spielen ließ, kann er sich an alter Wirkungsstätte ein System mit der Doppelspitze Castaignos/Haris Seferovic offenbar gut vorstellen.

Im Pokal liefen die Adler jedenfalls vorne mit dem Stürmerduo auf. Die Neuen setzten im Übrigen in dieser Partie sogleich die erste Duftmarke: Castaignos netzte nach gutem Zuspiel von Neuzugang Stefan Reinartz zum 1:0-Führungstreffer ein. Apropos Reinartz, sein Transfer wurde schon vor Ankunft des neuen Trainers in trockene Tücher gebracht, was für diesen jedoch kein Problem darstellen sollte. Veh gab jüngst an, dass er den defensiven Mittelfeldspieler zu Hamburger Zeiten– vor fünf Jahren – bereits unter seine Fittiche nehmen wollte.

In der Innenverteidigung dürfte David Abraham auch angesichts des längerfristigen Ausfalls von Bamba Anderson einen Platz neben Carlos Zambrano sicher haben. Im Fall des Peruaners, über Wochen hinweg die vordringlichste und gleichermaßen komplizierteste Personalie bei der Eintracht, wurde kürzlich die Vertragsverlängerung über vier ( oder fünf? ) Jahre bekannt gegeben.

Eine weitere Personalentscheidung, die nicht in vertraglicher, aber in sportlicher Hinsicht Bedeutung hat: Bundesliga-Torschützenkönig Alexander Meier ist künftig eher als Zehner – oder auch als hängende Spitze – eingeplant, wie Veh sogleich wissen ließ, denn vorne bekomme der 32-jährige Angreifer keine Bälle.

Stärken und Schwächen

Das Mannschaftsfoto der Saison 2015/16. Nur die #SGE

Ein von Eintracht Frankfurt Official (@eintrachtfrankfurt) gepostetes Foto am

Stärken

Die Frankfurter waren in der vergangenen Spielzeit die besten Großchancenverwerter der Liga (Ausbeute: 65 Prozent), ihr bester Goalgetter Meier muss allerdings in den ersten Wochen der neuen Saison passen. Elf der 56 SGE-Tore fielen per Kopf, nur Wolfsburg traf häufiger auf diese Weise.

Was Standards anbelangt, waren es vor allem die Freistöße, die für Gefahr sorgten. Nach einem solchen zappelte das Leder schlussendlich in neun Fällen im gegnerischen Netz – ligaweit der zweitbeste Wert.

Im defensiven Mittelfeld gibt es durch die Ankunft von Reinartz einen Qualitätssprung, der Ex-Leverkusener nahm in der Vorbereitung umgehend eine Führungsrolle ein. Für einen Zuwachs an Geschwindigkeit sorgen Castaignos in der Offensive und Abraham in der Defensive.

Schwächen

Einen Qualitätsverlust gab es demgegenüber unbestreitbar auf der Torhüterposition. Die neue Nummer 1 muss sich schon als richtiger Glücksgriff erweisen, um an den abgewanderten Trapp heranzureichen. Dies gewinnt insbesondere vor dem Hintergrund an Bedeutung, dass sich die Adlerträger 2014/15 mit den meisten gegnerischen Großchancen konfrontiert sahen (66) und mit 62 Gegentreffern eine der Schießbuden der Liga darstellten. Mehr als die Hälfte der Treffer fing sich die damalige Schaaf-Elf in den letzten 30 Minuten der Partien.

In der vorigen Saison war zudem die rechte Abwehrseite (Chandler, Ignjovski) ein Angriffspunkt für die Kontrahenten. Abhilfe verspricht indes die Versetzung des defensiven Mittelfeldspielers Makoto Hasebe, der in der Vorbereitung und auch im DFB-Pokal die Rolle als Rechtsverteidiger überzeugend ausfüllte.

Sportliche Führung

Alles im Griff im Stubaital. Chef-Coach Armin #Veh. #SGE #CampStubai #workhard

Ein von Eintracht Frankfurt Official (@eintrachtfrankfurt) gepostetes Foto am

Nach dem missglückten Comeback im Schwabenland steht Armin Veh künftig wieder bei der Eintracht aus Frankfurt, die er einst von der 2. Bundesliga in den Europacup führte, an der Seitenlinie. Sowohl seine Schützlinge als auch die Vereinsführung genießen die kommunikative, aber auch fordernde Art des Fußballlehrers. Auf dem Platz will er fortan die Kehrtwende zum Kurzpassspiel mit Wiedererkennungswert in Angriff nehmen.

Veh wird ein besonders guter Draht zum neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Steubing nachgesagt, womit auch vieles über die künftigen Machtverhältnisse – auch unter dem Gesichtspunkt des Rückhalts im Verein – gesagt ist. Zumal Vorstandschef Heribert Bruchhagen im nächsten Jahr aus seinem Amt scheidet.

Vor Aufnahme seiner erneuten Trainertätigkeit am Main wurde Veh sogar als Nachfolger von Bruchhagen gehandelt; noch immer gibt es Überlegungen, den gebürtigen Augsburger in Zukunft in den Vorstand einzubinden.

Testspiele

Gegen namhaftere Teams wie Leeds United (2:1) oder den FC Fulham (1:0) konnte die SGE in der Vorbereitung Siege einfahren; von insgesamt sieben Testpartien ging lediglich das Aufeinandertreffen mit dem 1. FC Heidenheim verloren (1:2).

Als beste Torjäger trumpften etabliertere Offensivspieler auf: Seferovic (4 Treffer), Castaignos und Marc Stendera (jeweils 3) steuerten zusammen zehn Treffer bei. Aber auch junge Kräfte aus der zweiten Reihe – Gerezgiher, Flum (je 2), Waldschmidt (1) – trugen sich in die Torschützenliste ein.

kicker-Managerspiel

Eine gute Option für die Bank - da nur 200.000 Euro teuer - ist in diesem Jahr Joel Gerezgiher. Der Mittelfeldspieler konnte in der Vorbereitung überzeugen und möglicherweise durchaus eine Joker-Rolle einnehmen.

Daneben sind vor allem Stefan Aigner für 3.000.000 Euro und Haris Seferovic für denselben Preis von Interesse. Beide sollten unter Trainer Armin Veh zu 100% gesetzt sein.

Aber auch Neuzugang Luc Castaignos, 2,8 Millionen Euro teuer, machte in der Vorbereitung einen sehr guten Eindruck, trug sich bereits im Pokal als Torschütze ein. Solange Alexander Meier noch verletzt fehlt, setzt der Coach wohl auf zwei Stürmer - in diesem Falle wohl den Niederländer.

Fazit

Ein Platz im Mittelfeld – oder anders gesagt: das erneute Erreichen von Platz 9 – sollte in Anbetracht der Verstärkungen in allen Mannschaftsteilen für die Hessen realistisch sein. Doch manch eine Aussage von Trainer Armin Veh ("Ich will, dass wir träumen können." – "Sport Bild") könnte dazu führen, dass man ihn im Frankfurter Umfeld alsbald wieder an den alten Erfolgen misst – die Eroberung eines Platzes im ersten Tabellendrittel dürfte indes schwer zu bewerkstelligen sein.