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Hin­tergrundwis­sen zur Note | Teil 2

02.09.2017 - 19:00 Uhr Gemeldet von: StatistikTeam | Autor: StatistikTeam

Die Diskussion rund um eine menschliche gegenüber einer statistischen Benotung oder Bewertung ist für uns hochspannend und Antriebsfeder, unser System stetig zu verbessern. Gestern haben wir uns anhand des Passspiels angesehen, wie aus Rohdaten qualifizierte Zusammenhänge entstehen. Heute wollen wir einen Blick auf die Kriterien werfen, nach denen wir einen Spieler beurteilen.


Grundsätzlich hat jede taktische Position (Torwart, Innenverteidigung, Außenbahn, Defensives Mittelfeld, Offensives Mittelfeld, Sturm) ihr speziell definiertes Anforderungsprofil.

Dieses ergibt sich ganz logisch aus dem Spiel heraus: Das Profil eines Außenbahnspielers ist zum Beispiel eher von Dribblings geprägt als das eines defensiven Mittelfeldspielers, da Außenbahnspieler im Schnitt weniger Anspielstationen haben und auch aufgrund der verminderten negativen Konsequenzen nach einem Ballverlust in der gegnerischen Hälfte (durch bessere Absicherung) von ihnen erwartet wird, in diese Duelle zu gehen.

Daher liegen die Punkte für ein gelungene Eins-gegen-Eins-Aktion im Vergleich zu einer misslungenen bei Letzterem näher beieinander als bei Erstgenanntem.

Das Anforderungsprofil eines Spielers wird dabei aus fünf unterschiedlichen Gruppen mit unterschiedlicher Gewichtung gebildet:

    • Torabschluss
    • Assists
    • Offensive Eins-gegen-Eins-Situationen
    • Passspiel
    • Defensivspiel

Je nach Position ergeben sich dabei verschieden gewichtete Anteile. Als Orientierung dient hier der Durchschnitt aus allen Spielern der Position der letzten drei Jahre im spezifischen Wettbewerb.

Wichtig ist nun, dass jeder Spieler auf verschiedenen Wegen zum Erfolg kommen kann, um sein Anforderungsprofil für eine gute Note zu erfüllen.

1. Ebene: Unterscheidung zwischen Aktion und Event

Die erste Ebene dabei ist die Unterscheidung zwischen spielentscheidenden Events und normalen Spielaktionen. Eine vorbereitete Großchance (bei 72% der betrachteten Spiele waren entweder keine, eine oder zwei kreierte Großchancen zu beobachten, was den seltenen Charakter auch zahlenmäßig nachweist) würde zum Beispiel als Event verbucht und ein Pass dementsprechend als normale Spielaktion.

Events werden dann natürlich auch mit einem höheren Faktor bemessen, da sie in einem Spiel den Unterschied ausmachen. Der Stürmer lebt natürlich eher von diesen Events (besonders Toren) als ein Innenverteidiger, für den, wenn wir beim Tor bleiben, dieses nur einen geringeren Teil der Leistung ausmachen sollte (wir beziehen uns beim Innenverteidiger vornehmlich auf Tore nach Standard-Situationen), da er vorrangig andere Aufgaben hat.

So ist der Tor-Effekt auf die Gesamtbewertung des Spielers Niklas Süle am 1. Spieltag des FC Bayern München gegen Bayer Leverkusen geringer als der eines Tores durch Admir Mehmedi im selben Spiel.

Daraus ergibt sich auch die höhere Volatilität der Offensiv-Positionen im Vergleich zu defensiver geprägten Positionen. Trotzdem können auch Offensivspieler über normale Spielaktionen zu einer soliden Bewertung kommen. Beispielhaft steht dabei das 1. Saisonspiel des FC Augsburg beim Hamburger SV, in dem Stürmer Alfred Finnbogasson (der übrigens letzte Saison der pressingstärkste Angreifer der Bundesliga war) auf eine Note im 3er-Bereich kam.

2. Ebene: Einfluss eines Einzelspielers auf den Spielverlauf

Auf der nächsten Ebene werden die normalen Spielaktionen nun genauer untersucht. Wie aktiv war ein Spieler? Wie viele Aktionen hatte er? Und wie erfolgreich war er in diesen Aktionen? In der Summe erhalten wir einen Aktivitäts-Index eines Spielers, hinter dem sich der Einfluss eines Spieler auf das Spiel über die Kombination aus Qualität und Quantität verbirgt.

Unsere Maßgabe ist dabei auch jene, die Trainer ihren Spielern auf den Weg geben: Wer viel macht, der macht auch hin und wieder einen Fehler, aber entscheidend ist der Einsatz. Gewinnt ein Flügelspieler sechs von zehn seiner Dribblings im Angriffsdrittel, ist er für uns besser zu bewerten als ein Spieler auf der gleichen Position der zwei von zwei dieser Aktionen für sich entscheidet.

Erstgenannter Spieler mag zwar eine schlechtere Dribbling-Quote haben, er hat aber mehr positiven Einfluss auf das Spiel. Die Schwellenwerte für die jeweilige Grenze zwischen Qualität und Quantität werden dabei von der jeweils aus den historischen Daten berechneten Erfolgswahrscheinlichkeit, also Schwierigkeit der Aktion bestimmt.

Damit möchten wir unseren zweiten Teil der Serie beschließen. Morgen erläutern wir, wie wir aus den vorgestellten Ansätzen eine Note bilden und welche Aussage ihr innewohnt.


  • KOMMENTARE
  • 03.09.17

    Sportradar liest sich das durch und lacht sich ins Fäustchen..:" die machen sich ja richtig Arbeit, hehe".

    comunio ist dieses Jahr im Bereich Glücksspiel einzuordnen!!

    • 03.09.17

      Sportradar lacht uns alle aus weil wir Comunio dafür auch noch bezahlen

    • 03.09.17

      Den letzten Satz unterstreiche ich komplett. Egal wer derzeit wie gut steht,oder auch nicht....es ist leider ein Glücksspiel. Weil Du nie genau weißt, ob ein Spieler eine 2 bekommt, oder eine 4,5.....diese Diskrepanz zwischen gut und schlecht ist einfach viel zu extrem, sodass es recht wenig Wert zur Zeit hat.

    • 03.09.17

      [Kommentar gelöscht]

    • 03.09.17

      Und genau diese Diskrepanz darf nicht sein. Natürlich kann es mal um eine halbe oder gar ganze Note differieren, keine Frage, aber doch nicht um 3 Noten .

  • 03.09.17

    Bin mittlerweile der Meinung, dass der HSV als einzige Bundesligamannschaft aufgrund von Sportradar Statistiken Spieler verpflichtet hat.

  • 02.09.17

    Könnt Ihr dieses ganze Hintergrundwissen Teil 1 -10 bitte an sportsradar verkaufen? Danke.

  • 03.09.17

    [Kommentar gelöscht]

  • 03.09.17

    [Kommentar gelöscht]

  • 03.09.17

    Jungs, holt euch Kickbase, gibt mittlerweile auch ne Webversion. Da wird - genau wie hier - nach Statistiken benotet bzw. bepunktet, wenn auch nicht ganz so komplex.

  • 03.09.17

    Heisst das, dass ein Außenverteidiger das gleiche Anforderungsprofil wie ein offensiver Flügelspieler bekommt, weil beide unter die Kategorie "Außenbahn" fallen? Also z.B. Alaba und Coman... oder zählt Coman dann als offensiver Mittelfeldspieler? Dann würde er aber ja in die gleiche Kategorie wie z.B. ein Thiago oder Demirbay fallen?

    • 04.09.17

      offensive flügelspielel zählen zum offensiven mittelfeld, da hier auch während des spiels ständig die positionen gewchselt werden kann (bsp. liverpool mit seiner ständigen rotation in der offensiven 3er-reihe).
      defensivere flügelspieler (4er-kette und "neue" 3er/5er-kette) sind dann unsere außenbahnspieler.

    • 05.09.17

      Danke für die Antwort.
      Also die gleichen Anforderungen an Coman wie an Demirbay?

    • 06.09.17

      jein.. :) wir unterscheiden je nach formation noch mal in untergruppen bei den spielern. bedeutet: in einem 4-2-3-1 würde die offensive 3er-reihe gleichgesetzt. das hoffenheimer system ist aber ein anderes.. dort tritt demirbay meist im halbraum auf und ist damit kein reiner offensiver mittelfeldspieler. er wird dann erst mal zum zentralen mittelfeld gezählt, das eine offensive untergruppe des defensiven mittelfelds ist (nicht vom namen irritieren lassen, das bedeutet nicht, dass er als defensiv-spieler bewertet wird).

    • 09.09.17

      Besten Dank für die ausführlichen Antworten! :)

  • 03.09.17

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    • 03.09.17

      Sprechen Sie über kicker oder LI Bewertungen? Bei kicker stimmt das genau, bei LI nicht so viel.

    • 03.09.17

      Wie kommst du auf dein Beispiel mit Dortmund? Der BVB hat letzte Saison 2 mal 0:0 gespielt, ein mal gab es durchschnittliche Noten (gegen Schalke), und ein mal gab es relativ gute Noten (gegen Köln). Die Offensive war dabei verständlicherweise eher weniger gut bewertet, die Defensive zumindest im Spiel gegen Köln gut bewertet.
      Meinst du diese Spiele? Oder welche konkreten Spiele meinst du? Diese Saison gab es nur ein 0:0 nämlich das von Frankfurt Freiburg am 1. Spieltag. War kein gutes Spiel, Noten sind so lala, eher schlecht. Aber auf den ersten Blick sogar schlechter als die Noten von Dortmunds 0:0s in der letzten Saison, was ja gegen deine These spricht, das der BVB bei einem 0:0 härter abgestraft wird.

    • 03.09.17

      [Kommentar gelöscht]

    • 03.09.17

      Bei Kicker wird leider oft nach Toren bzw. Platzverweise o.ä. benotet. Wenn ein Spieler das ganze Spiel über nicht auffällt und nichts hinbekommt, aber in der 90. Minute das 1:0 macht bekommt er mindestens Note 2 und Spieler des Spiels(SdS kann man wenigstens noch zum Teil nachvollziehen) Aber man sollte doch das ganze Spiel bewerten und nicht nur die 1 Szene, die erfolgreich war!

      Ähnlich sieht das bei den Platzverweisen aus. Ein Spieler der das ganze Spiel über gut spielt, seine Leistung abliefert bekommt nach einer Roten Karte mindestens die Note 5, meistens sogar schlechter. Auch hier wird nur die eine Szene bewertet, was meiner Meinung nach falsch ist.

  • 03.09.17

    Liebes StatistikTeam,

    auch zu diesem Teil hätte ich einige Fragen:

    1) "bei 72% der betrachteten Spiele waren entweder keine, eine oder zwei kreierte Großchancen zu beobachten, was den seltenen Charakter auch zahlenmäßig nachweist"

    Im Durchschnitt fallen in der Bundesliga ~2.9 Tore pro Spiel. Entsprechend würde ich noch mal deutlich mehr Großchancen erwarten, da bei weitem nicht jede Großchance auch zum Tor wird. Der obere Satz ließt sich aber so, als wäre das Gegenteil der Fall. Könnt ihr das bitte Kommentieren?

    2) Wo beginnt eine Großchance? Beispiel: nach einer langen Ballstafette mit 17 Pässen, mit mehreren Quer- und Rückpässen, kommt es zu einem Torschuss. Vermutlich nicht alles davon wird der Großchance zugeordnet. Wo wäre deren Beginn?

    3) "Erstgenannter Spieler mag zwar eine schlechtere Dribbling-Quote haben, er hat aber mehr positiven Einfluss auf das Spiel."

    Auch wenn die misslungenen 4 von 10 Dribblings zu 2 gefährlichen Kontern und einem Gegentor führen, während aus den 6 erfolgreichen keine einzige Großchance resultiert?

    4) "Die Schwellenwerte für die jeweilige Grenze zwischen Qualität und Quantität werden dabei von der jeweils aus den historischen Daten berechneten"

    Wie identifiziert man in den historischen Daten vergleichbare Situationen? Dafür müsste man doch nicht nur Aktionen, sondern auch Situationen klassifizieren und das stelle ich mir durchaus schwieriger vor, als bei den Aktionen, da für eine Situation nicht nur die Position des ballführenden Spielers auf dem Feld von Relevanz ist, sondern auch Positionen, Bewegungsrichtungen und ggf. sogar die momentane Geschwindigkeiten aller seiner Mit- und Gegenspieler ausschlaggebend sind. Wie rechnet ihr also die Rohdaten auf "Situationen" herunter?

    • 04.09.17

      1.) der wert ist ein teamwert pro spiel; kein gesamtwert für beide mannschaften. das haben wir ungenau ausgedrückt, danke.

      2.) die großchance wird in den rohdaten erstmal nur dem beobachteten torabschluss zugeordnet. wir weisen dann im weiteren verlauf besonders dem vorlagengeber dieses attribut zu.

      3.) es geht im beispiel nur um das dribbling, alles andere ist erst mal rausgefiltert. ein dribbling, das zum gefährlichen gegenangriff führt, wird bei uns gesondert bewertet, genau wie ein dribbling, das zu einer großchance führt.

      4.) wir rechnen sie nach all unseren zu verfügung stehenden kriterien aus. sobald wir gps haben, können wir diese kriterien-palette genau nach deinen ideen erweitern bzw. haben es schon (richtung, geschwindkeit, zahl der anspielstationen etc.).

    • 04.09.17

      Danke Sveno,

      1) auch bei einem Team kommt es pro Spiel zu deutlich mehr Torschüssen, als 1, 2 oder 3. Wenn ein Torschuss als ein Indikator für eine Großchance dient (s. deine Antwort zu 2), würde ich dementsprechend deutlich mehr Großchancen pro Team pro Spiel erwartet. Etwas stimmt an der Erklärung noch nicht.

      3) "ein dribbling, das zum gefährlichen gegenangriff führt, wird bei uns gesondert bewertet"
      Das finde ich nur bedingt logisch. Ob aus einem verlorenen Dribbling eine Großchance für den Gegner herausspringt kann natürlich davon abhängen, wo dieser Spieler das Dribbling verliert. Kann aber auch schlicht davon abhängen, wie der Gegner daraus macht. Der Spieler hatte in beiden Fällen das gleiche Verschulden, dieses Verschulden würde aber bei der Benotung unterschiedlich hat bestraft. Über die ganze Saison hinaus würden solche Bewertungsdiskrepanzen sich herausmitteln, von daher sehe ich hier kein allzu großes Problem.

    • 04.09.17

      1.) + 2.) ich glaube, du überschätzt einfach die einstufung optas bzgl. großchancen.. die sind rar gesät. und genau das sollte ja auch zum ausdruck gebracht werden. ein torschuss ist bei weitem nicht gleich großchance. da gibt es einen ganzen anforderunskatalog, um es so einzustufen.. wo stehen gegner? abstand zum tor? winkel zum tor? etc.
      3.) für das wort "verschulden" hat opta ebenfalls einen langen kriterien-katalog, um es so zu nennen. wird ein torschuss verschuldet? eine großchance? ein tor? teile davon? alles? etc.

    • 04.09.17

      Also wird es schon unterschieden, ob der Spieler, der den Ball vor einer Großchance verloren hat, auch die Schuld an der Großchance trägt, oder nicht, korrekt? Und zwar wird es nicht von eurem Algorithmus entschieden, sondern von opta selbst und ihr kriegt diese Infos von opta serviert, habe ich es richtig verstanden?

    • 04.09.17

      absolut richtig.